“Was tun sprach Zeus, die Götter sind besoffen”

Boris Raczynski

TV-Tradition. Am Ende der Nachrichten: „Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Abend und eine geruhsame Nacht. Das Wetter.“ – Der Wetterexperte oder die Wetterexpertin tritt vor die Wettertafel, die Isobare und Temperaturen anzeigt. Der Vorschaufilm lässt computergraphisch ein paar Schäfchenwolken über den Himmel ziehen, die im großen Himmelsblau kaum auffallen.

Die Spannung steigt. Bilder vom Wettersatelliten werden eingeblendet. Der zweibeinige Wetterfrosch oder die Fröschin führt weiter aus: „Es wird trocken bleiben und sonnig. Die Temperaturen werden zwischen 28 Grad im Westen und 31 Grad im Osten liegen. Der Grund für diese Wärme ist zum einen dieses riesige Hochdruckgebiet, das von Süden her …“ – und niemand hört mehr hin.

Freizeitpark und Regen – ein Fiasko

Kollektiver olympiareifer Hochsprung aus dem Stand und ohne Stab, die ganze Familie wie aus einem Munde „Hurra“ und der Hund ahnt bereits, dass er den folgenden Tag beim Nachbarn verbringen darf. Gebongt, morgen geht die Post ab. Auf in den Freizeitpark „Beste Laune“ und die Seele mal wieder richtig durchschütteln lassen auf Achterbahnen und anderen Attraktionen.

Die Wecker werden gestellt auf 6 Uhr früh. Zufrieden hüpfen alle Familienmitglieder in ihre jeweiligen Betten. Die vom Nachrichtensprecher gewünschte geruhsame Nacht verläuft genau so … geruhsam. Vorfreude macht müde, und so schläft jeder seinen altersgerechten Schlaf mit den jeweiligen altersbedingten Träumen. Und im Traum blöken die Schäfchenwolken.

Rrrring, Klingel, Bimmelbammel, Pieps. Jeder Wecker macht ein anderes Geräusch. Das Mobiltelefon des Papas weckt gar mit der Originalmelodie Singin‘ in the rain. Wer glaubt schon an böse Omen. Nach der Klingelkakophonie, die durchs ganze Haus dröhnt, trifft die Familie zeitgleich am Frühstückstisch ein, wie zum Morgenappell in einer Kaserne. Die Sonne scheint hell durchs Küchenfenster.

Aus Blau wird Grau

Die Gürteltaschen mit Handy, Kleingeld und Kaugummi hängen an den Hosenbünden. Die motorisierte Familienkarosse steht wie ein gestriegelter Gaul im Hof. Die Familie mit Kind und Kegel belegt die Plätze nach einer festen Sitzordnung. Abfahrbereit. Der Anlasser röhrt. Der Motor springt an. Mit dem Feingefühl eines Chirurgen lenkt der Fahrer das Gefährt routiniert aus der Hofausfahrt in die Ortsstraße.

Das GPS-Navigationssystem zeigt die korrekte Wegstrecke an. Musik schallt aus den Fahrzeugboxen. Die Stimmung ist bestens. Kilometer werden herabgespult. Der Himmel ist blau. Es wird spürbar wärmer. Die letzte Abbiegung rechts nach 200 Metern. Parkplatz des Freizeitparks in Sicht. „Sie haben Ihr Ziel erreicht“, erklingt roboterhaft eine nicht unsympathische Stimme aus dem Navi.

Parklücke nahe des Haupteingangs entdeckt. Angesteuert. In die blaue Himmelsfarbe mischen sich schmutziggraue Farbtöne. Motor des Transportmittels abgestellt. Am Himmel überwiegt grau bereits flächenmäßig. Das Wetter trübt sich ein. Die Stimmung der Reisegesellschaft ebenfalls. Mit bangem Blick zum Himmel begibt man sich zur Kasse. Erste Tropfen fallen. Dann Donner, Blitz und Regen. Albtraum!

Unentschlossenheit an der Kasse

“Was tun sprach Zeus, die Götter sind besoffen”, das schießt der mittlerweile schon angefeuchteten Familie durch die Hirnwindungen. Nass aber glücklich? Ein solcher philosophischer Gedankensprung scheint allen in diesem Moment völlig abwegig. Freizeitparkbesuch ohne schönes Sonnenwetter ist wie ein Skiurlaub ohne Schnee. Das würde eher die allgemeine Stimmungslage wiedergeben.

Wie ein sehr weiser Mann (des Autoren Großvater) immer zu sagen pflegte: „Besser DAS Wetter als gar keins.“ Aber auch diese Weisheit trägt kaum dazu bei, die Laune zu heben. Vielleicht: Es wird sich schon wieder aufhellen und die Sonne wird das feuchte Nass geschwind aufgeleckt haben. Eventuell. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ungewissheit. Und Unentschlossenheit an der Kasse.

Des einen Leid, des anderen Freud

Nach einer langen Anfahrt mit entsprechender Vorfreude auf einen ausgelassenen und ereignisreichen Tag tut sich ein Dilemma auf. Rein in den Park oder nicht? Positiv denken. Wie oft hat man diesen Ausspruch schon gehört. Meist in den selten dämlichsten Zusammenhängen. Und dennoch. Ein verregneter Tag im Freizeitpark hat tatsächlich auch Vorteile. Zwei Vorteile mindestens.

Regelmäßige Freizeitparkbesucher sind abgehärtete Warteschlangen-Erfahrene vor beliebten Fahrgeschäften. Der Spaßfaktor jedoch ist bedeutend größer, wenn mehr Zeit auf der Achterbahn verbracht werden kann als in der wartenden Menschenmenge. Wer schon mal bei durchwachsenem Wetter einen Tag im Freizeitpark verbringen durfte weiß die höhere Fahrspaß-Frequenz zu schätzen. Je weniger Besucher umso kürzer die Warteschlangen, oder auch gar keine.

Ein weiterer Vorteil, die vor allem den hartgesottenen Achterbahnjunkies bekannt ist. Sind die Schienen feucht, rasen die Wagen noch schneller auf ihren Bahnen durch die Berg- und Talfahrten. Das trifft auf die meisten Rides zu, ob Holzachterbahnen oder Coaster. Da flutscht es so richtig. Die Kombination ist perfekt: Sehr niedrige Wartezeiten und schnellere Fahrten. Sofern die jeweilige Attraktion bei Regen geöffnet ist.

Schlechtwetter-Versicherung

Nun gut, obige Argumente überzeugen nicht jeden. Und ein Besuch im Freizeitpark mit ganztägigem Dauerregen kann den Spaß schon ordentlich verderben. Und wenn die Wettervorhersage lautet: „Heiter bis wolkig. Vereinzelt ist mit Gewittern zu rechnen“ treibt dies nicht gerade die Besucher in Scharen in die Freizeitparks. Was tun? sprach Zeus. Geistesblitz: Wettervorhersagen als Fake-News. Also stets eitel Sonnenschein melden.

Nein. Nach dem Blitz folgt der Donner, und der brummt: Sch…, Pardon, bescheidene Idee mit den gefälschten meteorologischen Vorhersagen. Und das Wetter ändern geht ja auch nicht. Dann also das Beste aus der Situation machen. Das dachten sich auch einige Park-Betreiber und rufen ihren Besuchern zu: Hoffentlich Freizeitpark versichert. Es gibt ja heutzutage Versicherungen für und gegen alles mögliche. Warum also nicht auch für oder gegen Wetterkapriolen?

Freizeitpark Regen Versicherung
Kinder im Regen – Freude ist anders.

Inzwischen bieten verschiedene Freizeitparks ihren Gästen eine Schlechtwetter-Versicherung. Wenn also das Freizeitvergnügen buchstäblich ins Wasser fällt, gibt es entweder Geld zurück oder eine Freikarte. So wirbt zum Beispiel der Freizeitpark Fort Fun im Sauerland auf seiner Internetseite für den Regenschutz: „Hol dir an Tagen mit schlechter Wetterprognose unsere Regen-Versicherung für nur zwei Euro pro Person an der Eintrittskasse.“

Ebenfalls andere Parks haben die Zeichen der Zeit erkannt, auch über die Grenzen hinaus. So kann man eine Regenversicherung unter anderem im Abenteuerpark Hellendoorn in den Niederlanden erstehen. Und viele werden noch nachziehen. Wenn es wie aus Kübeln gießt, winkt eine Entschädigung. Mieses Wetter muss also nicht zwangsläufig einfach Pech sein und eine miese Stimmung nach sich ziehen.

Nutznießer sind nicht nur die Parkkunden

Bietet eine Versicherungsgesellschaft Policen an, dann mit dem Gedanken, damit auch ordentlich was zu verdienen. Logo, denn Altruismus spült kein Geld in die Kasse. Und mit der Regenversicherung trifft man den Nerv der Zeit, denn: „Umfragen zeigen, dass der Klimawandel von Firmen als eines der zehn größten Risiken für ihre Geschäftsentwicklung angesehen wird“. Das sagt Karsten Berlage, Experte für Wetterversicherungen bei der Allianz Risk Transfer.

Sekundiert wird er von seinem Kollegen und Sprecher des Versicherers HDI in Hannover: „Die extremen Wetterschwankungen haben zugenommen, wodurch Wetterrisiken immer stärker in den Vordergrund rücken“. Das Angebot der Versicherer scheint sich zu rechnen. In den ersten vier Jahren der Einführung dieser Wetterversicherung, bezeichnenderweise Klimarisk genannt, hatte sich der Umsatz in diesem Segment für die HDI versechsfacht.

Zwar handelt es bei den Schlechtwetter-Policen noch um eine Nische, aber um eine sich sehr schnell vergrößernde. Das bestätigen auch die großen Namen der Branche. Die Allianz und der weltgrößte Rückversicherer MunichRe mit seinem Erstversicherer Ergo haben die Policen gegen Wetterschwankungen längst als Wachstumsfeld ausgemacht. Die Nische ist bereits zu einem heiß umkämpften Markt der Versicherer geworden.

Versichert. Alles schön und gut. Aber, wo eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, so lösen ein paar Regentropfen noch keinen Versicherungsfall aus. Auch hier heißt es: Unbedingt das Kleingedruckte lesen! „Regenwetter“ ist nämlich genau definiert: „Zwischen 10 und 16 Uhr müssen mindestens vier Millimeter Niederschlag fallen.“ Das kommt etwa einer Stunde Dauerregen nahe. Dann winkt als Entschädigung eine Gratis-Tageskarte und man kann noch einmal in der Saison wiederkommen, wenn das Wetter (hoffentlich) besser ist.

Wow, revolutionär, was den Versicherungsgesellschaften aber auch alles so einfällt – mag der eine oder andere denken. Nicht wirklich. Die Regenversicherung ist ein alter Hut. Das gabs bereits vor gut über hundert Jahren, nämlich bei der Krönungszeremonie des englischen Königs Edward VII. im Jahre 1902. Die Inhaber der besten Zuschauerplätze sicherten sich gegen schlechtes Wetter ab. Nass wurden sie dennoch. Eine Versicherung ersetzt eben keinen Regenschirm.

Besser als jede Versicherung

Das Wetter kommt wie es kommt und schert sich meist nicht um die Wetterberichte, die trotz Einsatz modernster Technik öfters eher Vorhersagen des Orakels von Delphi ähneln, ergo ebenso unzuverlässig sind. Der wirkungsvollste Schutz vor Regen ist ein Dach überm Kopf. Ein Dach überm Kopf gibt es nicht bloß zu Hause. Immer mehr Freizeitparks bauen Teilflächen zu überdachten Park-Arealen um.

Vor allem Themenparks wie zum Beispiel das Phantasialand ermöglichen den Parkbesuchern auch eine Menge Spaß bei schlechtem Wetter. Dort gibt es gar eine Indoor-Achterbahn. Der Serengeti-Park in Hodenhagen bietet seinen Gästen eine Indoor-Safari. Der Europa-Park in Rust wartet ebenfalls mit Indoor-Fun auf. Viele weitere Parks machen sich von Witterungseinflüssen immer unabhängiger. Zur Freude der Besucher.

Der Trend zu Indoor-Attraktionen in Freizeitparks ist in den letzten Jahren deutlich feststellbar. Dies hat eine bessere Besucherstruktur zur Folge und führt zu mehr Kundenzufriedenheit. Selbstverständlich sind diese Überlegungen nicht uneigennützig. Mehr Besucher bedeutet mehr Umsatz. So ist auch zu erklären, warum immer mehr Freizeitparks zu Ganzjahresparks umgebaut werden, inklusive abenteuerbetonten oder gar exquisiten Übernachtungsmöglichkeiten.

Wie auch die einzelnen Parks sich positionieren, jeder Schritt in Richtung Kundenbindung und -zufriedenheit ist PR-tauglich. Eine Regenversicherung kann so gesehen ebenfalls eine gute PR-Maßnahme für Freizeitparks sein. Und wenn es regnet, könnten ja auch gratis oder extrem günstig Regenschirme oder Regencapes an die Besucher verteilt werden, selbstverständlich als Werbeträger mit dem unvermeidlichen Logo der Freizeiteinrichtung. Nur mal so als Anregung.

Boris Raczynski

Informationen zum Verfasser

Boris Raczynski

Boris ist als der Herausgeber für Redaktion und Konzeption der Gutschein-Zeitung.de verantwortlich. Freizeitpark Gutscheine sind sein Steckenpferd und so durchstöbert er gemeinsam mit dem Team täglich das Internet nach tollen Schnäppchen und Rabatten. Freizeit verbringt er bevorzugt mit der Familie. Hobbys sind wichtiger Bestandteil seines Lebens: Bei Reisen fernab vom Mainstream und in der Natur geht ihm das Herz auf. Zudem beschäftigt sich Boris mit 8-Bit-Konsolen und leitet ein Naturschutzprojekt. Sein Motto: Mist, dass der Tag nur 24 Stunden hat!

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